Krishna-Buddha

08/16

pdf-download

Krishna, Buddha und was bedeutet eigentlich
universelles Mitgefühl?

Shri Krishnah sharanam mama


Ich nehme Zuflucht im Allanziehenden, dem wahren Selbst allen Seins.

Sharanam bedeutet Zuflucht. Dieses wunderschöne
Initiations-Mantra der Pushtimarg Tradition Indiens lädt uns
ein, Zuflucht zu nehmen und zu suchen, vor allem wenn wir
von starken Emotionen getrieben werden. Wut, Hass und
Angst versperren uns den Weg zu Liebe und Mitgefühl.
Zuflucht zu suchen heißt, einen Schritt zurücktreten zu
können und bestimmte Techniken und Methoden zu nutzen –
in diesem Fall die Wiederholung eines Mantra – um uns davor
zu schützen sofort zu reagieren. Stattdessen beschäftigen wir
unseren Geist mit etwas beruhigendem, dass uns etwas mehr
Zeit verschafft, um wieder mit unserem innersten Kern in
Kontakt zu treten: grenzenlose Liebe und Mitgefühl, Krishna.

Einen herausfordernde Situation auf diese Art und Weise zu
lösen wird ein sinnvolleres Ergebnis zu folge haben. Es
bedeutet zu antworten anstatt zu reagieren. Es gibt uns die
Möglichkeit, Kreisläufe von Gewalt zu stoppen und Konflikte
nicht eskalieren zu lassen. Selbst wenn das Gegenüber nicht
kooperieren möchte oder sich bedroht fühlt, Zuflucht in
Mantra zu suchen, reinigt unser Herz und Geist und führt uns
aus einem Gefühl des Getrenntseins zu einem von Einheit.

Mantra überwindet den berechnenden Intellekt und erweckt
ein Gefühl von Liebe und Lieblichkeit. Stück für Stück wird es
die harten Wände, die wir um unser Herz gebaut haben zum
Schmelzen bringen. Die Schwingungen des Sanskrit haben auf
zellulärer Ebene einen tiefgreifenden und transformativen
Effekt. Yogi Bhajan sagt, das Singen von Mantra beeinflusst
unser elektro-magnetisches Feld und unsere Gehirnströme,
genauso wie unsere zentralen Drüsenorgane und selbst das
Gleichgewicht unseres Kreislaufs. Mantra kann unsere
gesamte Psyche erneuern. Asana und Meditation haben einen
ähnlichen Effekt, in dem sie uns fokussieren und einen
energetischen Shift verursachen, der stärker ist all das
gewöhnliche und gelernte reaktive Verhalten.

Jede große spirituelle Tradition sieht Liebe und Mitgefühl als
die wichtigsten Dinge an, um Leben zu nähren und zu
beschützen. Jede Tradition hat auch eine Figur, die die
Vollkommenheit dieser Qualitäten verkörpert. In der Hindu/
Yoga Tradition ist es Krishna, einer Wiedergeburt Vishnus, dem
Erhalter des Universums. Krishna wird oft als Kind dargestellt,
dessen entwaffnenden Eigenschaften uns ermuntern ohne
Einschränkungen zu lieben. Im Buddhismus ist es der höchste
Bodhisattva, Avalokiteshvara, der einen Schwur abgelegt hat,
allen fühlenden Wesen in schlechten Zeiten zu helfen und sein
eigenes Buddha Dasein erst dann zu beginnen, wenn jedes
einzelne Wesen das Nirvana erreicht hat. Sein Mantra ist Om
mani padme hum. Das bedeutet, dass genauso wie die
Lotusblume aus dem Schlamm heraus erwächst und erblüht,
kann Mitgefühl oft erst wirklich in Zeiten großen Leids und
spirituellen Herausforderungen verstanden werden.
Im Christentum ist die Ikone Jesus, dessen Geschichten viele
Parallelen zu Krishna aufweisen. Krishna wurde in einem
Gefängnis geboren, Jesus in einem Stall. Beide mussten die
größte Zeit ihres Lebens im Exil verbringen. In dem wir
wahrhaftig über diese göttlichen und erleuchteten Wesen
kontemplieren, tun wir unser bestes um ihre Strahlkraft in uns
selbst zu erwecken und unser Leben mit ihnen als Vorbilder zu
leben.

Schwester Chan Khong, eine buddhistische Nonne, geweiht
durch Teich Hat Hanh, musste großes Leid während des
Vietnamkriegs ertragen und wurde später eine der
besonderen lebenden Verkörperungen von Mitgefühl unserer
Zeit. Obwohl sie einen Abschluss in Biologie hatte, war ihr
wichtigstes Ziel, die Hungrigen und Armen zu versorgen und
zu ernähren. Was ihren Dienst noch kraftvoller werden lässt
ist die Tatsache, dass sie all das unter falschen Namen und
anonym machen musste, um ihre Schützlinge nicht in Gefahr
zu bringen. Viele Male riskierte sie ihr Leben, wich Bomben
und Gewehrkugeln aus, während sie mit ihrem Fahrrad durch
die Straßen von Saigon fuhr. Eines Tages waren die Straßen voll
mit Leichenteilen, die die Stadt nach einem Bombenanschlag
nicht entsorgt hatte. Die Gemeinschaft der Mönche, Nonnen
und Friedensarbeiter haben dann selbst dafür gesorgt, dass die
toten Körper entfernt werden und ihnen eine angemessene
Beerdigung ermöglicht. Sie konnten diese extrem schwere
Aufgabe nur bewältigen, in dem sie Zuflucht in ihrem Atem
und in Mantra nahmen. In einer anderen Geschichte wurden
vor der Küste treibende Seemänner aus benachbarten
südostasiatischen Staaten auf ihren Booten einfach so von der
Regierung zurück aufs Meer getrieben, wo die meisten von
ihnen ertranken. Für Chan Kong hatte es oberste Priorität
Leben zu retten. Um sinnlose Regeln und unmenschliche
Praktiken zu beenden, musste sie Dinge vortäuschen, Gesetze
mussten in gewaltfreier Weise gestreckt und hinterfragt
werden und Verstöße gegen die Menschenrechte mussten der
internationalen Presse mitgeteilt werden.

Sie wurde aus Vietnam verbannt, von ihrer Familie und
Freunden getrennt und aus Ländern verstoßen, die ihre
Gewalttaten nicht öffentlich machen wollten. Manchmal
überkamen sie ihre Gefühle so sehr, dass sie einfach anfing zu
Weinen und unkontrolliert zu Schluchzen, bis sie sich wieder
daran erinnerte, in ihrem Atem Zuflucht zu finden. Sie und ihr
sangha übten Gehmeditation, um die Kunst zu erlernen ihre
Gefühle zu beruhigen bevor sie handelten. Aus dieser Praxis
heraus entsprang die Fähigkeit, Mitgefühl selbst für die
Menschen zu empfinden die Schreckliches taten.

Mitgefühl ist ein starkes Wort, dass oft verniedlicht wird. Viele
von uns wurden konditioniert, unser Mitgefühl nur selektiv zu
zeigen. Wir sind vielleicht in der Lage Mitgefühl gegenüber
unserer Familie und Freunden zu zeigen, sind aber nicht
besorgt um die, die auf der anderen Seite der Erde leben, nicht
so wie wir aussehen oder eine andere Sprache sprechen. Nach
dem Chan Khong aus Singapur verbannt wurde, beschreibt sie
ihre Rückkehr nach Paris als Erschrecken, mit all den
Menschen, die in Cafés sitzen um zu trinken, zu essen und ihr
Leben zu genießen: „Wussten die nicht, dass ihre Mitmenschen
im Meer ertrinken?“ Durch die Yogapraxis lernen wir, das
Mitgefühl nicht diskriminiert oder unterscheidet. Die PeTA
Gründerin Ingrid Newkirk sagt: „Manche Menschen scheinen
zu denken, dass unser Mitgefühl nur ein begrenztes Gut ist, so
wie ein Kuchen mit nur ein paar Stücken.“

Original im Englischen: Yogeswari – Jivamukti Yoga School NYC

Übersetzung ins Deutsche: Moritz Ulrich
Peace Yoga Berlin – Jivamukti Yoga School